Vor Kurzem sah ich einen Beitrag, in dem davon berichtet wurde, dass die Anzahl der Einpersonenhaushalte in Deutschland stetig zunimmt. Etwa jede dritte Ehe wird geschieden. Wieso erleben wir Beziehungen so oft als Herausforderung?
Nehmen wir zunächst einmal den Begriff Beziehung. Wir kennen viele Formen der Beziehung, unter anderem freundschaftliche, Familien-, romantische oder partnerschaftliche Beziehungen. Beziehung bedeutet, in Bezug zueinander zu stehen beziehungsweise aufeinander bezogen sein. Hier ist also eine Wechselseitigkeit gemeint. Wie oft beziehen wir uns in unseren Beziehungen tatsächlich aufeinander? Gerade innerhalb von Liebesbeziehungen haben wir häufig eine Idee der Verschmelzung. Dies würde bedeuten, eins zu werden. Eine sehr romantisierte Vorstellung, deren Ideal sicherlich viele Paare vor die schmerzliche Erkenntnis stellen lässt, dieses nicht erreichen zu können, in ihren Augen ungenügend zu sein.
Im Sinne des Aufeinanderbezogenseins handelt es sich hingegen um zwei oder mehr Individuen, welche ihr Leben miteinander teilen und sich gleichzeitig in gewisser Weise einander zumuten.
So ist auch unsere Beziehung zu Gott. Sie kann umarmend und wärmend, aber auch herausfordernd und zweifelnd sein. Und dennoch ist sie da: Die unerschütterliche Liebe Gottes, die über alles geht, was dem menschlichen Verstand zu erfassen möglich ist.
Wie in der Beziehung zu Gott stoßen wir natürlich auch in anderen Beziehungen auf Grenzen bei uns selbst und beim anderen. Das fordert uns heraus, was auch unangenehm sein kann. Doch dies ist die Grundlage für Weiterentwicklung und Wachstum. Diese Momente nennt man Schwellen, der Übergang von einer alten in eine neue Phase.
In unserem ganzen Leben stecken Herausforderungen in Form von derlei Übergängen, wie zum Beispiel der Übergang vom Kindergarten zur Grundschule. Dies nennt man auch Entwicklungsaufgabe oder -schritt. Die Herausforderung unserer Kinder akzeptieren wir als etwa ganz Natürliches. Wieso hinterfragen wir uns dann in Beziehungen, wenn es „schwierig“ wird? Einer meiner Lehrtherapeuten sagte einmal zu mir: Entwicklung geht nur mit Schmerzen. Schmerz heißt nicht zwingend Verletzung. Es kann auch der Verzicht auf bisher Dagewesenes bedeuten – wie die nette Kindergärtnerin – oder die Ungewissheit des Neuen, noch Unbekannten – wie die neuen Mitschüler. Auch Beziehungen bleiben nicht in der Wiege, sondern entwickeln sich weiter. Schauen Sie einmal mit diesem Blick auf Ihre Beziehungen: An welcher Stelle stehen Sie? Was nehmen Sie mit, was entwickelt sich gerade?
Studium der Psychologie sowie Ausbildungen als Systemische Therapeutin und Systemische Sexualtherapeutin.
In Beziehung sein mit sich und anderen – dazu gehört für mich die Freude am Kleinen sowie Akzeptanz und viel Humor.
dautermann.j@caritas-heilbronn-hohenlohe.de