Advent – Unmögliches kann möglich werden
Dezember 4, 2021

Advent – Unmögliches kann möglich werden

Sie soll im 4. Jahrhundert in Nikomedien, in der heutigen türkischen Stadt Izmit gelebt haben, und bekannt ist sie ganz besonders bei Bergleuten und Tunnelbauern. Gemeint ist die Heilige Barbara, die heute am 4. Dezember ihren Gedenktag hat.

Barbara, so die Legende soll sehr hübsch gewesen sein. Ihr eifersüchtiger Vater sperrte sie in einen Turm ein, weil er sie am Heiraten hindern wollte. Dennoch hielten anscheinend viele junge Männer um ihre Hand an. Aber sie wies die Verehrer zurück, denn in ihrer Gefangenschaft war sie Christin geworden. Ihr weiteres Leben wollte sie als Einsiedlerin in einem Haus verbringen, das ihr Vater erbaut hatte. Dort ließ sie ein drittes Fenster einfügen, als Symbol für die Dreifaltigkeit Gottes. Ihr Vater, der auf Reisen war, erfuhr davon. Barbara verleugnete ihren Glauben nicht. Der Vater war erbost und lieferte sie dem weltlichen Gericht aus. Barbara wurde nach einem grausamen Martyrium zum Tod verurteilt.

 

Ob sich das alles so zugetragen hat, ist zweitrangig. Legende heißt eigentlich „Leseanweisung“. Es geht nicht um einen historischen Bericht, sondern um die Verkündigung des Glaubens. Die Menschen sollen sich in dieser Geschichte selbst entdecken und über den eigenen Glauben nachdenken können.

 

So betrachtet lese ich von einer selbstbewussten Frau, die in ihrer Zeit selbstbestimmt lebte. Die Versuche ihres Vaters zu wissen, was für sie gut ist, sie sogar von der Welt abzuschirmen waren der falsche Weg und endeten im Tod Barbaras. Der Turm aber, in dem sie gefangen war, verwandelte sich für sie. In der Einsamkeit entdeckte sie das Geheimnis ihres Lebens. Sie erfuhr eine Freiheit, die ihr letztlich niemand nehmen konnte und die man im Glauben mit Gott umschreiben kann. Barbara ist für mich eine adventliche Person. Sie entdeckte ihre eigene Tiefe in der vom Vater aufgezwungenen Abgeschiedenheit.

 

Die Pandemie wütet nach wie vor und zwingt uns, die Kontakte zu minimieren. Vielleicht kann das – trotz allem – auch eine Möglichkeit sein, die eigenen Quellen wieder zu entdecken: eben das, was mir wichtig ist, woraus ich leben kann, was mir Kraft gibt. Im Zentrum ihres Glaubens stand bei Barbara die Überzeugung, dass sich der Tod zum Leben verwandeln kann. Dieser Glaube gibt mir Kraft, alles zu tun, das menschliche Leben zu schützen, auch angesichts der vielen Corona-Toten.

 

Eine schöne Tradition am 4. Dezember ist der Babara-Zweig: Man schneidet einfach ein paar Kirsch-, Apfel oder Forsythienzweige und stellt sie in einer Vase in die Wärme. An Weihnachten werden sie dann blühen. Die Zweige haben für mich eine heilende Botschaft: Unmögliches kann Wirklichkeit werden. Aus einem scheinbar toten Ast sprießen in unwirtlicher Zeit bunte Blüten.

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Wolfram Rösch

Pastoralreferent in Schwäbisch Hall

Mein Schwerpunkt ist St. Markus. Mir ist es wichtig, Formen zu finden, den Glauben zeitgemäß zu verkünden. Das versuche ich im Gottesdienst, in der Predigt, in den Bildungsangeboten und beim Schreiben von Artikeln. Ich möchte die Menschen anregen, Gott in ihrem Leben zu entdecken. Ein wichtiger Punkt in meiner Arbeit ist die Feuerwehr- und Notfallseelsorge, wo ich auch als aktiver Feuerwehrmann Menschen in absoluten Grenzsituationen beistehen kann. Ich bin verheiratet, meine Frau ist ebenfalls Pastoralreferentin. Wir haben drei erwachsene Söhne.

Wolfram.Roesch@drs.de