Wenn Sie das hier lesen… was erwarten Sie dann?
März 2, 2024

Wenn Sie das hier lesen… was erwarten Sie dann?

Nichts? Weil Sie mit Gott, Kirche und dem Wort zum Sonntag sowieso nichts mehr anfangen können; dies nur lesen, um sich zu zerstreuen?

Oder weil Sie etwas suchen, was Ihren Glauben, Ihre Meinung und Handeln rechtfertigt, bestätigt und bestärkt?
Oder weil Sie hoffen, dass ein neuer Gedanke auftaucht, der Bisheriges in neuem oder anderem Licht erscheinen lässt?

All dies sind Erwartungen, die dem eigenen, dem unsrigen – ich schließe mich mit ein – dienen.

Damit sind wir wie die Händler im Tempel, welche Jesus vertreibt. Auch sie nutzen religiöse Vorstellungen und Riten so, dass ihnen ein eigener Vorteil entsteht. Es gibt keine Grenze, ab wann dies bedenklich wird. Es ist egal, ob es nur meinem Befinden oder dem Anhäufen von Vorteilen, gar von Geld oder Macht dient.

Jesus reinigt den Tempel weil er nicht ein Ort des Handels mit anderen Menschen, gar mit Gott ist, sondern ein Ort, an dem ich mein ganzes Leben vor Gott trage um es ihm darzubieten. Nicht zu dem, was mir gefällt, was mir gut tut, sondern zu dem, was Gott von mir will. Und das kann unbequem, ja sogar aus weltlicher Sicht zu meinem Nachteil sein.

Vieles von dem, was auch von „Kirchens“ angeboten wird, erscheint mir wie ein bunter Jahrmarkt um den Menschen etwas zu verkaufen, um die Bedürfnisse der Menschen zu bedienen und sie für die Kirche – die eigene Sache (!) – zu gewinnen. Oder zumindest wieder etwas wohlwollender zu stimmen. Hinter Vielem versteckt sich der Wunsch, dass die Welt uns bestätigt, anerkennt und mag.

Damit sind wir wie die Händler, die Jesus vertreibt: es geht nicht mehr um Gott sondern um uns selbst und unser weltliches Wohl.

Das klingt hart, unbarmherzig, gleichgültig gegenüber menschlichen Bedürfnissen, ja gar Heilung und Heil.

Die Frage ist aber nicht ob Heil oder nicht Heil, sondern welches?

Unsere Vorstellung von dem, was gut ist, was Heilung und Heil bringt, sind immer in der Gefahr, zu weltlich und zu eigennützig zu sein. Mit diesen Versuchungen wurde auch Jesus in der Wüste konfrontiert. Was hätte Jesus mit all den Angeboten des Teufels auch vermeintlich Gutes in der Welt bewirken können?

Was ist wirklich das Richtige, wem diene ich wirklich?

Um das rauszufinden, sind wir gerade jetzt in der Fastenzeit angehalten, alles was uns lieb und teuer ist, an der Schwelle des Tempels, der Kirche, des Gottesdienstes abzulegen und ohne meinen Rucksack voller eigener Ideen in die Gottesbegegnung zu gehen und ihm zu vertrauen und zu sagen: „Hier bin ich, mach mich zu deinem, nicht meinem, Werkzeug!“

 

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Harald Sittart

Diakon

Tätig in der Drogenseelsorge im Dekanat Schwäbisch Hall
und in der Gemeindeseelsorge der Seelsorgeeinheit Oberes Bühlertal, das sind die Gemeinden Bühlertann, Bühlerzell, Fronrot und Kottspiel.

Verheiratet und Vater von fünf Kindern.
Mehr zu meiner Person auf www.diakonsittart.de

harald.sittart@drs.de