Am Fest Allerheiligen steigen unsere Heiligen von ihren Sockeln herunter – als die Heiligen des Alltags, um auch uns Mut zu machen – es ihnen gleich zu tun und IHM nachzufolgen.
„Einige, wohl die berühmtesten, sind aus Holz geformt oder Stein. Aber die meisten Heiligen in den ganz gewöhnlichen Kirchen sind aus Gips, das ist kaum zu bestreiten. Blass sehen sie aus, als wären sie nie an der Sonne gewesen. Und überaus brav halten sie Lämmer, Lilien oder auch Marterwerkzeuge in ihren Händen. Sanft neigen sie alle den Kopf, als dächten sie nach über die Frage, warum für das gläubige Volk ein Heiliger immer so ernst sein muss.
Abends aber, wenn keiner sie sieht (weil die Kirche um sieben geschlossen wird), trau’n sie sich endlich zu lächeln.
In der Nacht, so möchte ich vermuten, dürfen sie sein, wie Gott sich wohl seine Heiligen vorstellt, selbst die aus Gips.
Nun wie? Sagen wir: selig. Dann sitzen sie fröhlich zusammen und erzählen und singen und lachen (auch über uns, die wir solches ja niemals für möglich halten).“
Mit diesen Versen aus der Feder Lothar Zenettis, Auf seiner Spur. Matthias-Grünewald Verlag, Ostfildern 2011, kommen alle Heiligen wieder auf dem Boden der Tatsachen an.
Hätte Luther in seiner Zeit die Verse Zenettis gekannt, hätte er vielleicht geschmunzelt und gezögert am Vorabend zu Allerheiligen die Thesen ans Portal der Schlosskirche zu Wittenberg anzuschlagen.
Trotz unserer Heiligenverehrung, die uns als Katholiken kennzeichnet, dürfen wir mit den Worten Zenettis gelassen sein und dürfen auch die Kirche im Dorf lassen. Als katholische Christen sind wir eben nicht von Vorgestern, sondern glauben vor allen Heiligen an den dreifaltigen Gott, der uns in seine Nachfolge beruft. Alle, die diesem Ruf auf vorbildhafte Weise gefolgt sind, sind jene Heilige an die wir an Allerheiligen besonders denken.
Manche von ihnen sind in Holz oder gar in Stein gemeißelt, andere sind aus Gips moduliert, viele von ihnen werden in unseren Gedanken und Erinnerungen wach und lebendig – als vorbildhafte Großeltern oder Eltern, als Geschwister, Verwandte oder Bekannte.
Am Fest Allerheiligen steigen unsere Heiligen von ihren Sockeln herunter und werden lebendig und wach – mitten unter uns – als vorbildhafte Christen und Christinnen – als die Heiligen des Alltags. Sie steigen herab, um auch uns Mut zu machen – es ihnen gleich zu tun und IHM nachzufolgen.
Ihnen allen einen gesegneten Allerheiligentag.