Diözesanrat tagt in Untermarchtal
Juni 30, 2025

Diözesanrat tagt in Untermarchtal

im Mittelpunkt standen dabei die Beratungen zum diözesanen Prozess „Kirche der Zukunft“. Die Rätinnen und Räte haben über die künftige Ausrichtung und Struktur der Ortskirche diskutiert, verschiedene Modelle und Ansätze erörtert und sich dann am Ende der Sitzung einstimmig dafür ausgesprochen, den vorgestellten Weg weiterzugehen.

Prozess „Kirche der Zukunft“
Verschiedene Lebenswirklichkeiten, damit einhergehende veränderte pastorale Bedürfnisse der Menschen, rückläufige Mitgliederzahlen, damit verbunden sinkende Kirchensteuereinnahmen und der Rückgang des pastoralen Personals – die Diözese Rottenburg-Stuttgart steht vor großen Herausforderungen. Eben diesen möchte sie sich stellen und sich in eine positive und zukunftsfähige Richtung weiterentwickeln. Dazu hat Bischof Dr. Klaus Krämer gemeinsam mit dem Diözesanrat den umfassenden Veränderungsprozess „Kirche der Zukunft“ angestoßen, der auf mehrere Jahre angelegt ist und verschiedene Projekte umfasst – darunter die Projekte „Seelsorge in neuen Strukturen“, „Räume für eine Kirche der Zukunft“, „Mittelfristige
Finanzplanung“ und Digitalisierung.
„Der Anker all dieser Projekte ist eine gemeinsame Vision, die alle Projekte miteinander verbindet, über bestehende und zu schaffende Strukturen hinausweist und den geistlichen Rahmen bildet“, erklärt Wolfgang Zilk, der zusammen mit Stefanie Oeben und Barbara Strifler das Prozess-Projekt-Leitungsteam bildet.
„Wichtig ist, dass es für die großen anstehenden Veränderungen in unserer Diözese eine Vision gibt, die uns in unserem Handeln, unseren Überlegungen und unseren Entscheidungen leitet und inspiriert“, betonte Bischof Dr. Klaus Krämer.
Dazu wurden zwischen Januar und März 2025 in verschiedenen Gremien – darunter im Diözesan- und Priesterrat, Pastoralausschuss, Finanzausschuss sowie mit Vertreterinnen und Vertretern der Dekanate – Visionssätze erarbeitet und in einem anschließenden Workshop mit theologischer Begleitung verdichtet.

Die neue Vision baut auf dem bisherigen Selbstverständnis einer diakonisch missionarischen Kirche auf und zielt darauf ab, das kirchliche Leben neu zu denken und so zu gestalten, dass Kirche den Menschen auch in veränderten gesellschaftlichen, demografischen und finanziellen Rahmenbedingungen nahebleibt. Sie besteht aus sieben Begriffspaaren und einem Begriffstrio,
das die Verbindung zu Gott verdeutlicht, aus dem sie lebt und dessen Auftrag sie erfüllt.

Die sieben Begriffspaare sind Eigenschaften der „Kirche der Zukunft“ an vielen Orten, wie sie handelt und wirksam wird – nicht durch Vorgaben, sondern Impulse. „Je nach kirchlichem Ort, nach Charismen und Bedarfen der Menschen, werden Begriffspaare anders wichtig. Sie wollen eine Haltung anstoßen und sind spielerisch. Zusätzlich gibt es ein leeres Feld, das individuell befüllt werden kann. Es gibt kein richtig oder falsch, es gibt Vielfalt auf einer gemeinsamen Basis“, erklärten Ursula Renner, Vorsitzende des Pastoralausschusses und Dr. Christiane Bundschuh-Schramm, beide Mitglieder des bisherigen Kernteams „Pastorale Felder und Schwerpunkte“, das die Visionssätze in Handlungsfelder der zukünftigen Seelsorge übersetzt hat.

Seelsorge – das Herz der Kirche
Das zentrale Projekt des Gesamtprozesses „Kirche der Zukunft“ ist die „Seelsorge in neuen Strukturen“. „In der Seelsorge schlägt das Herz der Kirche. Durch Seelsorge möchte Kirche den Menschen in unterschiedlichen Situationen nahe sein. Das ist unser Auftrag und dem wollen wir nachkommen. Neue pastorale Strukturen und Raumschaften sollen dabei helfen, diese Nähe zu
gewährleisten und erlebbar zu machen und dabei der Vielfalt der Lebenswirklichkeiten von Menschen gerecht zu werden. Die Kirche der Zukunft braucht ein neues Selbstverständnis aller Getauften, ein gutes Miteinander von Gemeinde und anderen kirchlichen Orten, die auch unterschiedliche Formen der Zugehörigkeit ermöglichen – dauerhaft, für eine bestimmte Zeit
oder ganz punktuell“, erklärte Barbara Strifler.
Aber wie kommen Seelsorge und Strukturen der Zukunft zusammen, wie entsteht ein gutes Miteinander der vielen verschiedenen Orte? Künftig sollen größere pastorale Räume entstehen, angepasst an städtische oder ländliche Gegebenheiten. Die Strukturen sind dabei kein Selbstzweck, sie sollen Seelsorge ermöglichen. Sie zeigen Grenzen auf und schaffen den Rahmen, in dem die Kirche der Zukunft seelsorgerlich handelt. Diese Raumschaften sollen sowohl pastoral tragfähig als auch administrativ effizient sein.

Dafür wurden zwei Modelle der strukturellen Neugestaltung entwickelt und im Gremium vorgestellt. Beim Modell Vereinigung durch Union bleibt eine Kirchengemeinde bestehen, der sich die anderen anschließen und damit ihre Selbständigkeit verlieren. Die aufnehmende Kirchengemeinde ist dabei zugleich Pfarrsitz und gibt den Namen vor. Beim zweiten Modell, Vereinigung durch Fusion, wird eine bestimmte Anzahl an Kirchengemeinden aufgelöst. Es wird eine neue Kirchengemeinde errichtet, die dann auch einen neuen Namen bekommt.

„Eines müssen wir immer wieder betonen: Wir sprechen nicht über die Auflösung von kirchlichem Leben oder Gemeinde vor Ort, sondern über die Neustrukturierung der öffentlich-rechtlichen Körperschaften. Es wird weiterhin Seelsorge und Gemeindeleben vor Ort bleiben und sogar zukünftig flexibler gestaltet werden können, betonte Dr. Christian Hermes, Stadtdekan von Stuttgart und Mitglied im Steuerungskreis, der den Prozess leitet. Bei beiden vorgestellten Modellen sind
verschiedene Leitungsmodelle für die Kirchengemeinde anwendbar.

So will die Diözese Leitungsmodelle in geteilter Verantwortung verwirklichen und dabei die kirchenrechtlichen Möglichkeiten im Blick auf Pfarrbeauftragte nach Can 517 § 2CIC ausschöpfen. Das heißt, es wäre beispielsweise Leitung mit einer/einem
Pfarrbeauftragten möglich, bei dem diese/r alle Aufgaben eines leitenden Pfarrers übertragen bekäme, die nicht an die Weihe gebunden sind. Die Letztverantwortung würde einem moderierenden Priester übertragen. Auch wäre die Leitung mit
Pfarrbeauftragtem-Team denkbar. Innerhalb des Teams könnten bestimmte Bereiche einer Person übertragen werden.
Resümee des Diözesanrats Wichtige Impulse zu Beginn des Tagesordnungspunktes Prozess „Kirche der Zukunft“ gab Prof. Dr. Bernhard Spielberg – durchaus provokativ und zugespitzt.

Ziel der Aussagen war es, zum Nachdenken anzuregen und ins Gespräch zu kommen. Abschließend gab er dem Gremium neun Tipps für den Entwicklungsprozess mit auf den Weg. Da hieß es unter anderem: „Fang mit der Frage an, wo(zu) Kirche gut ist und begründe, wenn du so weitermachst, wie bisher. Und denke konsequent von den Nutzerinnen und Nutzern her.
Nach der Präsentation des Gesamtprozesses mit Projekten, Strukturen, Ablauf und Zielen durch die Projektleitung folgte die Weiterarbeit in Kleingruppen. Hier konnten sich die Rätinnen und Räte intensiv über die möglichen Modelle einer künftigen
Ausrichtung und Struktur der Ortskirche Rottenburg-Stuttgart austauschen, offene Fragen klären sowie verschiedene Struktur- und Leitungsmodelle erörtern und diskutieren. Am Ende beschloss das Gremium einstimmig den begonnenen Weg in
der vorgestellten Form weiterzugehen.

Diözesanratssprecher Warmbrunn zeigte sich sehr zufrieden. „Auf dieser Basis kann der anstehende Informations- und Beteiligungsprozess in den verschiedenen diözesanen Ebenen starten. Bischof Klaus hat Geschäftsführerin Gabriele Denner als Beraterin und mich mit Stimmrecht in den Steuerungskreis des Prozesses berufen. Auf diese Weise ist der Diözesanrat und zudem mit einzelnen Mitgliedern in verschiedenen Arbeitsgruppen gut vertreten“, erläuterte Johannes Warmbrunn die Rolle des Diözesanrats. Und Stefanie Oeben ergänzte: „Sie als Mitglieder des Diözesanrats sind sehr, sehr wichtige Multiplikatorinnen und Multiplikatoren der Vision sowie des Prozesses „Kirche der Zukunft“ und seiner Teilprojekte. Bitte bringen Sie sich an Ihren Wirkungsorten in die Diskussion ein und seien Botschafterin und Botschafter für unsere „Kirche der Zukunft“.

Bis November 2025 werden die vom Diözesanrat beratenen Modelle in einer umfassenden Informations- und Beteiligungsphase in zahlreichen Präsenz- und Onlineveranstaltungen diskutiert. Die Rückmeldungen werden anhand eines digitalen Fragebogens gesammelt. „Es sind alle eingeladen mitzumachen“, betonte Diözesanratssprecher Warmbrunn und rief alle Katholikinnen und Katholiken der Diözese auf: „Informieren Sie sich, diskutieren Sie mit und gestalten Sie die Zukunft unserer Diözese aktiv mit.“ Die Rückmeldungen und Bewertungen fließen in eine Vorlage ein, über die der Diözesanrat in seiner Novembersitzung entscheidet. Ab 2026 soll dann die konkrete Umsetzungsphase in der Fläche beginnen.

Rückblick Kirchengemeinde- und Pastoralratswahl 2025
Die Wahlbeteiligung lag bei der Kirchengemeinderatswahl 2025 bei 22,5% und damit um knapp 3 Prozent höher als 2020. Bei der Pastoralratswahl gaben 10,2 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Insgesamt haben 94 Prozent der Kirchengemeinden und 96 Prozent der Gemeinden Katholiken anderer Muttersprachen (GKaM) in der Diözese ihre Vertretungen in die Mitbestimmungsgremien gewählt. Auffällig war bei dieser Wahl, dass es viele Gemeinden mit einer hohen Anzahl an Kandidierenden gab, im Gegenzug aber einige größere Gemeinden (10 bis 12 Sitze) nicht mehr wählen konnten. Ein kleiner
Teil der Kirchengemeinden und GKaM sind dabei das Risiko einer Wahl ohne Bindung eingegangen – für Gemeinden mit bis zu 1.500 Katholiken möglich, die nicht genügend Kandidierende für einen Wahlvorschlag haben. Leider hat sich dieser Mehraufwand in der Vorbereitung, Auszählung und Nachbereitung nicht gelohnt, da dieser in keinem Verhältnis zum erzielten Ergebnis zu stehen scheint. Denn lediglich 30 Prozent der Kirchengemeinden und GKaM hatten dadurch eine erfolgreiche Zuwahl, „Somit ist die klare Empfehlung für die Wahlen 2030, die Wahl ohne Bindung nicht mehr zu ermöglichen“, resümierte Weihbischof Matthäus Karrer, der die Auswertungsergebnisse der Kirchengemeinde- und Pastoralratswahlen 2025 am 30. März 2025 präsentierte.

Für großes Erstaunen sorgte ein Quiz zu Beginn dieses Tagesordnungspunktes, bei dem die Rätinnen und Räte einen Tipp abgeben konnten, wie alt wohl das älteste gewählte Kirchengemeinderatsmitglied sei. Bei den Antworten war von 80 bis 93 alles dabei. Erraten haben es nur wenige, eine von ihnen war Diözesanrätin Dorothea Treiber, ihr Tipp zum Alter des ältesten Kirchengemeinderatsmitglieds war eine Punktlandung – das älteste Mitglied, ein Mann, ist 92 Jahre alt.
Blick in die Zukunft voller Zuversicht Am Ende der Sitzung bedankte sich Bischof Krämer für die intensiven und konstruktiven Beratungen, die in einer sehr ruhigen und respektvollen Atmosphäre stattfanden. Mit Blick in die Zukunft zeigte er sich zuversichtlich und ermutigte alle, sich einzubringen: „Gehen wir diese Veränderungen gemeinsam und auf synodale
Weise an. In unserer Vision soll sichtbar werden, wozu und wofür wir Kirche sind – eine Kirche, die Menschen ermutigen und bestärken soll. Wir haben hier im Diözesanrat die Eckpunkte festgelegt. Jetzt gehen wir in die Fläche, in die Dekanate und die Kirchengemeinden, um möglichst alle zu beteiligen. Der Weg in die Zukunft ist offen, jede und jeder ist eingeladen, sich mit Ideen, Anliegen und Engagement einzubringen. Klar ist, dass geteilte Verantwortung Teamfähigkeit, Vertrauen und gute Absprachen braucht. Lassen Sie uns den Weg zur Kirche der Zukunft gemeinsam gehen!“

  • Artikel der Diözesan-Pressestelle; Ines Szuck
    den Artikel und die dazugehörigen Fotos finden Sie unter: https://www.drs.de

Fotos: Diözese Rottenburg-Stuttgart / Ines Szuck