Ein schwieriges Jahr liegt hinter uns, doch mit Sicherheit gab es auch viel Schönes. Mit Ringelnatz können wir ermutigt und auch humorvoll in das Neue Jahr gehen.
„2020 war ein echtes Sch…jahr!“ So hörte ich nicht wenige in den letzten Wochen sagen. Man muss auch nicht lange in den Medien suchen, um Beiträge zu finden, die kaum Gutes für 2020 übrighaben. Mit Sicherheit gab es in den vergangen zwölf Monaten auch unglaublich viel Schönes. Doch der Rückblick auf die Ereignisse dieses verrückten Jahres hinterließ bei vielen tendenziell einen schalen Nachgeschmack. Die Schuldigen an so mancher Misere wurden schnell ausgemacht. Bisweilen sprach man selbst dem „lieben“ Gott den guten Willen ab. Kein Wunder also, dass nicht mit Kritik gespart wurde. Und kein Wunder, dass so viele wussten, wie man hätte dies oder jenes auf jeden Fall besser machen können. Beim Jahreswechsel war dann das Motto naheliegend: All Reset und Neustart! Besser geht’s auf jeden Fall.
Nun stehen wir am Beginn eines neuen Jahres. Joachim Ringelnatz ging in diesem Zusammenhang einmal der Frage nach: Was würdet Ihr tun, wenn Ihr das neue Jahr regieren könntet? Seine Antwort darauf gab er in einem Gedicht:
Ich würde vor Aufregung wahrscheinlich
die ersten Nächte schlaflos verbringen
und darauf tagelang ängstlich und kleinlich
ganz dumme, selbstsüchtige Pläne schwingen.
Dann – hoffentlich – aber laut lachen
und endlich den lieben Gott abends leise
bitten, doch wieder nach seiner Weise
das neue Jahr göttlich selber zu machen.
Mir spricht der Dichter mit seinen augenzwinkernden Worten aus dem Herzen. Das Leben ist so komplex. Es gibt deshalb viele Wahrheiten. Gerne möchte man die eigene Wahrheit als die Einzige sehen. Das liegt in der Natur von uns Menschen. Ich bin deshalb froh, dass niemand so mächtig ist, alleine das neue Jahr zu regieren. Ich glaube vielmehr tatsächlich wie Ringelnatz: es ist das Beste, Gott selbst die Führung zu überlassen – auch wenn ich vieles in seinem Plan nicht verstehe. Und es ist sicher auch gut, diejenigen, welche die großen Entscheidungen in der Welt treffen müssen, mit guten Gedanken und Gebeten zu begleiten.
Wir dürfen gespannt sein, wie wir das noch frische Jahr 2021 am Ende bewerten werden. Lassen wir uns einfach überraschen, was uns bis dahin vor allem an Erfreulichem geschenkt wird.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein von Gott begleitetes neues Jahr.
Image: Stiftung Leuchtenburg / Peter Weidemann (Foto) In: Pfarrbriefservice.de
Religionspädagogik-Studium in Freiburg i.Br.
Kirche: leben – leiden – lieben. Quasi von Geburt an und seit 1994 auch hauptberuflich in Aldingen/Aixheim, Esslingen a.N., Schwäbisch Hall.
Zwischen ignatianisch geprägter Spiritualität, Ökumene und Kirchenkabarett (www.maulflaschen.de).
Und sonst? Familie, Garten, Musik, Theater, Natur … oder: ein Leben in Fülle!