Der barmherzige Gastwirt
August 17, 2021

Der barmherzige Gastwirt

Die Erzählung vom "Barmherzigen Samariter" (Lukas 10, 25-37) zählt zu den bekanntesten Texten aus dem Neuen Testament. Diese Erzählung berührt uns auch heute noch. Jesus zeigt uns damit, wie wir - über alle Grenzen und Vorurteile hinweg - unserem Nächsten in Barmherzigkeit begegnen und helfen können.

Ein Mann wird auf seinem Weg von Jerusalem nach Jericho geschlagen, ausgeraubt und halbtot liegen gelassen. Er benötigt dringend Hilfe, doch ein Priester und ein Levit, die ihn beide am Boden liegen sehen, gehen tatenlos an ihm vorbei. Gerade die „Gottesmänner“ handeln nicht nach dem Gebot Gottes und verweigern ihm die Hilfe. Ein Samariter hingegen, der als Sünder und Fremdling gilt, sieht den Verletzten, bleibt bei ihm stehen und hilft.  Jedoch wird eine Person in dieser Erzählung oft übersehen, der wie der „Barmherzige Samariter“ in Nächstenliebe handelt: Der Gastwirt. Der Samariter bringt den Verletzten, nachdem er ihn erstversorgt hat, zu einem Gastwirt in die Herberge. Für das Verständnis des Neuen Testamentes ist es wichtig, den Bibeltext in seiner Ursprache, dem Altgriechischen, zu betrachten. Das Altgriechische Wort für Gastwirt „pan-docheus“ bezeichnet jemanden, „der alle aufnimmt“. Entsprechend heißt die Herberge im Altgriechischen „pan-docheion“, ein Ort, „wo alle aufgenommen werden“. Der Samariter überlässt die Krankenpflege dem Gastwirt und übernimmt die Kosten dafür. Damit handeln sowohl der Samariter als auch der Gastwirt in Nächstenliebe. Ersterer in spontaner, letzterer in institutioneller Nächstenliebe. Der Samariter vertraut dem Gastwirt und bindet die Institution der Herberge in sein barmherziges Handeln mit ein. Der Gastwirt ist bereit, den Verletzten auf das Versprechen der Kostenübernahme hin bis zur Genesung zu betreuen. An dem Zusammenspiel von Samariter und Gastwirt kann man sehen, dass Nächstenliebe und institutionelle Hilfe am wirksamsten in gegenseitiger Unterstützung sind. Beide Figuren ergänzen einander in ihrem barmherzigen Handeln. Blickt man auf Schwäbisch Hall, kann man viele solcher „Herbergen“, institutionelle Orte der Nächstenliebe sehen, die „alle aufnehmen“ und sie umsorgen. Vom großen Diak bis hin zu vielen kleinen Orten wie der Aids- und Drogenseelsorge „Point“. Den vielen „barmherzigen Samaritern“ und „barmherzigen Gastwirten“ in in unserer Stadt möchte ich gerade in der Zeit der Pandemie ein  herzliches „Vergelt’s Gott“ für ihren wertvollen Dienst aussprechen.