Das klingt ganz schön anstrengend. Und ja, Beziehung kann anstrengend sein. Aber sie kann auch ganz viel Leichtigkeit haben. Meist besteht sie aus beidem und bewegt sich wellenförmig.
Das ist vermutlich sogar ganz gut, denn wäre eine Beziehung immer gleich, bestünde die Gefahr der Eintönigkeit. Natürlich haben wir am liebsten Freude und sind glücklich. Doch diese Momente sind meist recht zufällig und je mehr man versucht, solche zu produzieren, desto angestrengter können sie werden. Möglicherweise stellt sich sogar genau das Gegenteil von dem ein, was ich so unbedingt erzeugen will. Dies passiert durch unseren Fokus, welcher dann besonders auf dem liegt, was zu dem so sehr gewünschtem Glück noch fehlt. Das Risiko besteht, in diesem Mangel zu verharren und den Blick für das, was gut ist, zu vernachlässigen und vielleicht sogar zu verlieren.
Und jetzt? Der erste Schritt ist durch das fragende Innehalten bereits getan. Mit dem Gewahr werden, aus welcher Perspektive, vielleicht sogar mit welchen Scheuklappen der Blick gerade auf die Beziehung gerichtet ist, passiert bereits Veränderung. Hinzu kommt eine bewusste Entscheidung, künftig etwas anders zu machen. Vielleicht unterstützen kleine Symbole, ein Post-It am Badspiegel oder eine tägliche, kurze Selbstreflexion dabei, den Blick auf Gutes zu richten. Vielleicht stellt sich mit der Zeit sogar ein Gefühl von Dankbarkeit ein.
Darüber hinaus kann es in solchen Zeiten hilfreich sein, sich bewusst Zeit für die Beziehung und somit für mein Gegenüber zu nehmen. Vielleicht mit einer gemeinsamen Aktivität oder einem ungestörten Gespräch. Begleitende Fragen könnten sein, wie es meinem Gegenüber aktuell in der Beziehung geht, was vermissen wir, für was sind wir dankbar und möchten es unbedingt bewahren. So kann ganz von selbst Wahrnehmung und Wertschätzung voneinander sowie ein wohlwollender Blick aufeinander entstehen.
Natürlich gilt dies nicht nur für Liebesbeziehungen – in all ihrer Vielfalt – sondern genauso für familiäre, andere private und auch berufliche Beziehungen. Wir erliegen in diesen nur häufiger der Illusion, dass eine intensive Bindungsinvestition zu Beginn eine dauerhafte Wirkung entfaltet, die keiner weiteren Zuwendung bedarf. Jedoch profitieren besonders enge Beziehungen von einer bewussten Hinwendung zueinander und Interesse aneinander. Daher: Bleiben Sie neugierig! Denn mit Neugier werden Sie die Beziehungsgestaltung weniger als Anstrengung sondern vielmehr als freudvollen Prozess wahrnehmen.
Bild: Peter Weidemann
In: Pfarrbriefservice.de
Studium der Psychologie sowie Ausbildungen als Systemische Therapeutin und Systemische Sexualtherapeutin.
In Beziehung sein mit sich und anderen – dazu gehört für mich die Freude am Kleinen sowie Akzeptanz und viel Humor.
dautermann.j@caritas-heilbronn-hohenlohe.de