Im Sommer mache ich gern barfuß Spaziergänge am Strand. Ich genieße, den weichen Sand oder das Wasser, dass die Füße umspült. Barfüßig muss ich behutsam gehen und die Schritte bewusst setzen; besonders, wenn Steine oder Äste auf dem Boden liegen. Bei diesen Spaziergängen spüre ich deutlich einen intensiven Kontakt zum Boden.
„Leg deine Schuhe ab, denn der Ort, wo Du stehst, ist heiliger Boden.“ So soll es Gott zu Mose am Berg Horeb gesagt haben. Mose war gerade dabei, die Schafe und Ziegen seines Schwiegervaters Jitro zu hüten. Da sah er ein Dornenbusch zwar brennen, aber doch nicht verbrennen. Als er nachschauen wollte, was da los ist, hörte er die Stimme Gottes. Das lässt aufhorchen: In der Wüste muss man sehr aufzupassen, wenn man barfuß gehen möchte. Denn die Sandalen schützen vor spitzen Steinen, Dornen, Skorpionen oder auch vor dem heißen Sand. Mose stellte sich bloß und begab sich ungeschützt zu dem Ort, wo sich Gott symbolisch im Gestrüpp zeigte. Sand, Felsen und Gestrüpp wurden auf einmal zum Ort einer ganz besonderen Begegnung, die über all das hinausging, was Mose bisher erfahren hatte.
Einer der wie Mose Gott suchte, war der Jesuit Christian Herwartz in Berlin. Bekannt wurde der radikale Gottsucher für seine Exerzitien auf der Straße. Normalerweise finden diese in Klöstern oder abgelegenen Häusern statt. Der Ordensmann verlegte sie aber mitten auf die Straßen der Metropole. Für ihn war das ein heilige Ort und er regte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an, „auf nackten Sohlen“ mitten im Getriebe oder abseits der Straßen, Gott zu entdecken.
Das fiel mir ein, als ich die Bilder aus der Ukraine sah: Menschen auf der Straße, mit dem Allernötigsten bepackt, kleine Kinder und ihre entsetzten Blicke, Tote nur notdürftig am Straßenrad abgedeckt. Dazu ein Diktator, der sich als Kriegsherr aufspielt und sich mit fadenscheinigen Argumenten für diese Gräuel rechtfertigt.
Ganz besonders Wladimir Putin, seine Getreuen und diejenigen, die an diesem Krieg verdienen, haben für mich den Bezug zu den Menschen verloren. Ich würde sie zu Exerzitien auf der Straße in die Ukraine schicken. Dort müssten sie wie Mose ihre Schuhe ausziehen, um wieder Bodenhaftung zu finden und die Kälte spüren, die die Menschen ertragen müssen. Sie würden erfahren wie verletzlich das Leben ist, wenn sie in eine der vielen Scherben treten. Vielleicht entdecken sie dabei, dass jeder Ort ein heiliger Ort sein kann, wo das Leben geschützt und nicht zerstört werden darf.
Das ist sicher ein frommer Wunsch von mir, damit die Gewalt ein Ende findet. Ich weiß nicht, ob er in Erfüllung gehen wird. Aber warum nicht? Es gab bekanntlich auch einen Busch, der brannte und doch nicht verbrannte.
Mein Schwerpunkt ist St. Markus. Mir ist es wichtig, Formen zu finden, den Glauben zeitgemäß zu verkünden. Das versuche ich im Gottesdienst, in der Predigt, in den Bildungsangeboten und beim Schreiben von Artikeln. Ich möchte die Menschen anregen, Gott in ihrem Leben zu entdecken. Ein wichtiger Punkt in meiner Arbeit ist die Feuerwehr- und Notfallseelsorge, wo ich auch als aktiver Feuerwehrmann Menschen in absoluten Grenzsituationen beistehen kann. Ich bin verheiratet, meine Frau ist ebenfalls Pastoralreferentin. Wir haben drei erwachsene Söhne.