#dasmachenwirgemeinsam
Juli 1, 2022

#dasmachenwirgemeinsam

Ich wünsche mir, dass wir als Gesellschaft die Rahmenbedingungen für gerechte Bildungs- und Teilhabechancen schaffen, unabhängig von der finanziellen und sozialen Situation der Betroffenen.

Heute bin ich vier Frauen begegnet. Sie sind, wie viele andere, von Wohnungsnot, Teuerung der Lebenshaltungskosten und fehlender oder nur geringfügiger Beschäftigung auf dem Arbeitsmarkt betroffen. Ihre tiefen Augenringe können von keinem Concealer dieser Welt überdeckt werden.

Zwei leiden unter ihren Erfahrungen mit Gewalt. Eine von ihnen muss ihren Kindern erklären, dass ihr Vater nie wieder nach Hause kommen wird. Zusätzlich gibt es Probleme durch ausbleibenden Kindesunterhalt und eine schlechte Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Oh ja: da sind unendlich viele Belastungsfaktoren und nein, das Geld reicht nicht und auch die Entlastungspakte führen nur zu kleinen Verbesserungen im Alltag. Es bedarf mehr Aufklärung, Beratung und Unterstützung, um eine stabile und gleichberechtigte Teilhabe zu ermöglichen und um Kinderarmut gezielt entgegenzuwirken. Frauen müssen ihre Rechte kennen und im Bedarfsfall einen Platz im Frauenhaus erhalten.

Trotz vieler Schwierigkeiten und Zukunftsängste verfallen die Frauen aber nicht in Selbstmitleid, Wut, oder Hilflosigkeit, sie richten den Blick nach vorn. Sie machen sie sich auf den Weg, bitten um Hilfe, fragen sich durch, lernen Neues, klären, versuchen, wagen zu planen, hoffen, entdecken sich neu. Sie vernetzen sich, unterstützen sich solidarisch, suchen nach Lösungen – was hinter ihnen liegt, hat sie geformt und geprägt, manchmal auch verbittert oder fast zerstört.

Im Rahmen der Beratung wird der Blick auf die neue Existenz, das neue Leben und wie es aussehen könnte, gelegt. „Eines nach dem anderen“ ist stets das Mantra. Immer wieder ist dabei auch Raum für das, was dabei „innen“ stattfindet: Sorge, Wut, Verletzung.

Und so werde ich Wegabschnittsgefährtin und Zeugin vom Neuanfang vieler starker Frauen. Ich verneige mich innerlich vor der Kraft dieser vier und aller Frauen, vor ihrem Verantwortungsbewusstsein für ihre Kinder, vor ihrer Würde, die sie sich mühsam wieder zurückfordern, vor ihrem Ideenreichtum, vor ihrem Mut, um Hilfe zu bitten, vor ihrem Humor trotz aller Widrigkeiten und ihrem Durchhaltevermögen.

Ich wünsche mir, dass wir als Gesellschaft die Rahmenbedingungen für gerechte Bildungs- und Teilhabechancen schaffen, unabhängig von der finanziellen und sozialen Situation der Betroffenen. #dasmachenwirgemeinsam –die Frauen, Behörden, Beratungsstellen, Nachbar*innen, Arbeitgeber*innen, Wohnungsbesitzer*innen, Wegbegleiter*innen- mit und zum Wohle der Frauen und vor allem ihrer Kinder.

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Franziska Kießling

Allgemeine Sozialberatung in den Caritas-Zentren Schwäbisch Hall und Crailsheim

 

kiessling.f@caritas-heilbronn-hohenlohe.de