Ostern ist längst vorbei, Christi Himmelfahrt haben die Väter in diesem Jahr sehr bedächtig im Kreis der Familie gefeiert, der Pfingsturlaub ist abgesagt oder gestrichen.
Ostern ist längst vorbei, Christi Himmelfahrt haben die Väter in diesem Jahr sehr bedächtig im Kreis der Familie gefeiert, der Pfingsturlaub ist abgesagt oder gestrichen. Nur die Katholische Kirche tut an Fronleichnam das, was sie schon immer getan hat. Sie drückt liturgisch betrachtet auf die Reset-Taste und kehrt wieder in die Karwoche, genauer gesagt auf den Gründonnerstag zurück. Jesus feiert mit seinen Jüngern das Pessachmahl und erinnert an den Auszug aus Ägypten. Doch dann bezieht er das Brechen des Brotes und das Trinken aus dem Becher auf sein bevorstehendes Leiden und Sterben als ein Zeichen des neuen Bundes. Doch die Ereignisse überschlagen sich: Jesus wird verhaftet, gekreuzigt und begraben und wider Erwarten zum Leben erweckt. Die Eucharistie als Quelle und Mittelpunkt christlichen Lebens wird von da an sonntäglich bis heute weltweit gefeiert, aber es vergehen 1200 Jahre, bis Juliana von Lüttich, eine christliche Mystikerin bemerkt, dass ein wichtiges Fest im Jahreskreis fehlt: Das Fronleichnamsfest. Das Fronleichnamsfest, das wir morgen in der Katholischen Kirche feiern, will die besondere Bedeutung des Abendmahls in katholischen und sicherlich auch in zahlreichen evangelischen Kirchen hervorheben. Es geht nicht um den Pomp und den Glanz, auf den wir in diesem Jahr verzichten, sondern darum, sich als Christen eingeladen zu fühlen, als Cum-pane Jesu miteinander am Tisch des Herrn zu sitzen und gemeinsam das Brot des Lebens zu empfangen. Cum-pane zu sein, meint aber auch: Miteinander das Brot des Lebens zu teilen – sich als seine Jünger, Freunde zu begreifen. Im Rückblick auf das Vergangene, das Gegenwärtige neu zu schätzen und zu leben lernen, ist uns allen in diesem besonderen Jahr aufgegeben. Den Gründonnerstag im Nachklapp von Fronleichnam her zu begreifen und zu feiern – ist unsere Aufgabe als christliche Kirche. Sie als Leser – vielleicht der Kirche nicht so nahestehend – könnten morgen darüber nachdenken, wer Ihnen in den letzten Monaten, Wochen, Tagen zum Cum-pane wurde – also zu einem Menschen, der Ihnen im wahrsten Sinne des Wortes zum Brot des Lebens geworden ist. Vielleicht ist es ein Nachbar, ein Verwandter, ein Geschäftskollege, eine Pflegekraft, ein Arzt, ein Fremder, der mit Ihnen in den letzten Wochen das Brot des Lebens, das heißt Ihre Sorgen, Nöte, Freude geteilt hat? Der auferstandene Christus in Brotsgestalt – hat heute und besonders in diesen Tagen vielerlei Gesichter!
