Gottes Wort in Menschenwort
November 3, 2023

Gottes Wort in Menschenwort

Dass Gottes Wort in Menschenwort überliefert ist, kann uns ermutigen, auf Gott und sein Wort zu hören und dann weiterzugeben, was wir davon verstehen.

In der zweiten Lesung, die in den katholischen Gottesdiensten an diesem Sonntag gelesen wird, dankt Paulus der Gemeinde in Thessalonich, dass sie das von ihm und den Aposteln verkündigte Wort nicht als Menschenwort, sondern was es in Wahrheit ist, als Gottes Wort angenommen haben (vgl. 1 Thess 2, 13). Diese Deutung ist vielen Menschen fremd, löst Kritik aus. Zu hoch die Gefahr, die Heilige Schrift als von Gott diktiert misszuverstehen. Und auch ich ertappe mich manchmal dabei, Texte der Heiligen Schrift sehr schnell auf ihren menschlichen Ursprung zu untersuchen, sie theologisch und historisch einzuordnen, zu fragen, welche Worte Jesu authentisch sind oder welche die Evangelisten Jesus in den Mund legten, um beispielsweise auf Missstände in den Gemeinden, für die sie schrieben, hinzuweisen.

Diese historischen und kritischen Betrachtungen der Heiligen Schrift sind zentral. Die auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) versammelten Bischöfen gaben uns hierfür den Auftrag. Im 12. Kapitel der Dogmatischen Konstitution über die göttliche Offenbarung Dei Verbum heißt es:

„Da Gott in der Heiligen Schrift durch Menschen nach Menschenart gesprochen hat, muss der Schrifterklärer […] sorgfältig erforschen, was die heiligen Schriftsteller wirklich zu sagen beabsichtigten […]. Um die Aussageabsicht der Hagiographen zu ermitteln, ist neben anderem auf die literarischen Gattungen zu achten […], nach dem Sinn zu forschen, wie ihn aus einer gegebenen Situation heraus der Hagiograph den Bedingungen seiner Zeit und Kultur entsprechend […] hat ausdrücken wollen und wirklich zum Ausdruck gebracht hat. Will man richtig verstehen, was der heilige Verfasser in seiner Schrift aussagen wollte, so muss man schließlich genau auf die vorgegebenen umweltbedingten Denk-, Sprach- und Erzählformen achten, die zur Zeit des Verfassers herrschten, wie auf die Formen, die damals im menschlichen Alltagsverkehr üblich waren.“

Und dennoch, so heben die Bischöfe in Anknüpfung an Paulus hervor, bleibt die Heilige Schrift Gottes Wort in Menschenwort. Und um diese ganzheitlich zu verstehen, genügt es eben nicht, nur bei den historisch-kritischen Betrachtungen stehen zu bleiben. Sie haben uns – unabhängig von Raum und Zeit – etwas zu sagen. Sie können uns inspirieren vom Danken, Loben und Beten so vieler Menschen und von den Erfahrungen, die sie mit Gott gemacht haben.

Dass Gottes Wort in Menschenwort überliefert ist, kann uns ermutigen, auf Gott und sein Wort zu hören und dann weiterzugeben, was wir davon verstehen. Dadurch wird es lebendig. Gottes Wort, seine Ansprache an uns Menschen ist in der Heiligen Schrift lebendig, aber auch darüber hinaus: in der Tradition, in unserem Leben, in unserer Welt.

 

Bild: Markus Weinländer
In: Pfarrbriefservice.de

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Nico Schmid

Pfarrvikar

„Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi.“ (Gaudium et spes 1)

Dieser zentrale Satz der Pastoralkonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils ist für mich Grundlage allen Handelns der Kirche. Es geht nicht um den Erhalt von Strukturen, sondern darum, sich immer wieder neu zu fragen, welche Wege Gott heute geht, um sich den Menschen zu nähern.

Ich möchte mich verorten im Hören auf Gott und im Hören auf die Menschen. Diese Menschen begleiten, mit ihnen Eucharistie und die Sakramente feiern und darin ihre Freude und Hoffnung, ihre Trauer und Angst in Dank und Lob, in Bitten und Fragen vor den uns nahen Gott bringen, darin sehe ich meine „Kerngeschäft“ als Priester.

Geboren bin ich 1995 in Schwäbisch Gmünd und im Teilort Bargau mit zwei älteren Schwestern aufgewachsen. Nach meinem Abitur am Technischen Gymnasium Schwäbisch Gmünd, habe ich Katholischen Theologie in Tübingen und Rom studiert.

2022 wurde ich in Rottweil zum Priester geweiht.

Kontakt: Nico.Schmid@drs.de