Damit sich neues Leben entwickeln kann, muss ich loslassen können. Das lehrt uns Johannes der Täufer
„Papa, bitte schieben!“ So hörte ich es oft, wenn ich vor ein paar Jahren mit meinen Jungs auf dem Fahrrad unterwegs war. Die Hügel sind bei uns doch ein wenig steil und bereiteten ihnen Schwierigkeiten. Die „Schiebelok Papa“ kam, setzte an und schon ging es leichter die Steigung hoch. Bald kam die Phase, in der wir Fahrradrennen spielten. Einmal gewann einer der Söhne, ein andermal ich. Heute aber heißt es: „Papa Beeilung!“, oder ich rufe: „Nicht so schnell, ich komme nicht mit!“ Denn auf der Ebene habe ich jetzt Mühe, trotz meines E-Bikes mithalten zu können. Nur bei Steigungen habe ich, Dank der eingebauten Unterstützung, noch eine Chance. Aus Kindern sind junge Männer geworden, selbstständig müssen sie ihre Tage organisieren, sei es im Beruf, in der Schule oder im Studium.
Für mich bedeutet das, nicht nur einen neuen Lebensabschnitt, sondern auch Abschied nehmen zu müssen. Das Familienleben wandelt sich, die Vaterrolle bekommt ein neues Gesicht. Ich bin nicht mehr der starke und kräftige Held, auf dessen Schultern die Kinder sitzen können. Sondern wir begegnen uns auf Augenhöhe und ich schätze besonders bei Computerangelegenheiten den Rat meiner Kinder. Die Wandlung ist nicht immer einfach für beide Seiten. Für die Kinder ist es wichtig – manchmal auch schmerzhaft – auf eigenen Beinen zu stehen und ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Für die Eltern ist es die Chance, sich wieder mehr als Paar zu entdecken.
„Er muss wachsen, ich aber geringer werden.“ Der Satz bringt diese Entwicklungsphase auf den Punkt. Ich erkenne darin: mich selbst zurück zu nehmen, mich auf meine Stärken besinnen, ehrlich zu mir zu sein und nicht immer meinen, der Mittelpunkt der Welt sein zu müssen.
Der Satz stammt von Johannes dem Täufer, dessen Fest wir heute feiern. Er hat ihn gesagt, als ihm Jesus am Jordan begegnet ist. Johannes hat in ihm das Heil, Gott unter den Menschen, erkannt. Johannes sah seine Lebensaufgabe darin, dem Heil den Weg zu bereiten. Das hat sich jetzt erfüllt.
Ganz gleich, ob ich den Impuls von Johannes religiös deute oder nicht, für mich spiegelt sich darin eine wichtige Haltung: Damit sich neues Leben entwickeln kann, muss ich loslassen können, geringer werden, mich nicht mehr so wichtig nehmen.
Ganz besonders in den letzten Wochen haben wir nicht selten loslassen müssen, nicht nur Gewohnheiten, sondern auch von Selbstverständlichkeiten und manchen lieben Menschen. Das hat weh getan.
Von Johannes dem Täufer nehme ich die Gelassenheit mit, sich auf Neues einzustellen und auch die Größe, mich selbst zurückzunehmen. Denn, ihm ist bewusst: Nur so kann jene Menschlichkeit wachsen, für die sich Jesus mit seinem Leben eingesetzt hat.
Mein Schwerpunkt ist St. Markus. Mir ist es wichtig, Formen zu finden, den Glauben zeitgemäß zu verkünden. Das versuche ich im Gottesdienst, in der Predigt, in den Bildungsangeboten und beim Schreiben von Artikeln. Ich möchte die Menschen anregen, Gott in ihrem Leben zu entdecken. Ein wichtiger Punkt in meiner Arbeit ist die Feuerwehr- und Notfallseelsorge, wo ich auch als aktiver Feuerwehrmann Menschen in absoluten Grenzsituationen beistehen kann. Ich bin verheiratet, meine Frau ist ebenfalls Pastoralreferentin. Wir haben drei erwachsene Söhne.