Muster durchbrechen
Oktober 30, 2021

Muster durchbrechen

Es gibt kaum christliche Feiertage, die so klar Grenzen zwischen den Konfessionen ziehen, wie die, die wir an diesem langen Wochenende feiern. Was feiern Sie denn in diesen Tagen? Reformationstag, Allerheiligen oder keines der beiden Feste? Egal, welches der beiden Feste man feiert, es werden immer Grenzen gesetzt. Es wird zu den „Anderen“ geschaut. Abgegrenzt. Der Reformationstag, an dem die evangelische Kirche die Abspaltung Luthers von der katholischen Kirche feiert. Typisch evangelisch. Und Allerheiligen, das Fest an dem die katholische Kirche allen Heiligen gedenkt. Typisch katholisch.

Trotz all dieser Abgrenzung, die an diesen Tagen besonders deutlich wird, gibt es auch einen roten Faden, der beide Feste und beide Konfessionen verbindet. Die Heiligen waren allesamt Glaubensvorbilder. Ihr Lebenslauf liest so gut wie immer anders als erwartet. Eine Prinzessin, die ihren Reichtum hinter sich lässt und ihn für die Armen einsetzt. Ein Mann, der seinen Mantel mit einem Bettler teilt und später auch als Priester und Bischof sich für die Benachteiligten einsetzt. Eine Frau, die als erste dem auferstandenen Jesus begegnet und die Frohe Botschaft zu den Jüngern trägt. Männer, die für ihren Einsatz gegen das Nazi-Regime hingerichtet werden.

Sie alle und noch hunderte mehr haben die Botschaft Jesu Christi ernstgenommen. Die Heiligen haben die Muster ihrer Zeit durchbrochen. Sie haben das Schlechte in ihrer Gesellschaft wahrgenommen und gehandelt. In den Augen der Anderen waren sie unbequem. Sie haben den Finger in die Wunde gelegt. Oft genug mussten sie das mit ihrem Leben bezahlen. Das schwingt mit, wenn wir uns an Allerheiligen an sie erinnern. Sie sind noch heute wichtige Glaubensvorbilder für uns.

Auch wenn Martin Luther kein Heiliger ist, so hat er doch Vorbildcharakter – auch für uns Katholiken. Er war unbequem. Er hat deutlich auf Missstände hingewiesen. Er hat die Muster seiner Zeit nicht einfach hingenommen, sondern gehandelt. Dank seiner Kritik ist nicht nur die evangelische Kirche entstanden. Dank ihm musste sich auch die katholische Kirche mit ihrer Praxis auseinandersetzen und hat im Laufe der Zeit auch einiges zum Positiven verändert.

Und so feiern wir an diesem langen Wochenende gemeinsam als Christen, die „Musterbrecherinnen“ und „Musterbrecher“, die Jesus nachgefolgt sind und wie er die Welt verändert haben.

Bild: Johannes Simon
In: Pfarrbriefservice.de

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Laura Sünder

Gemeindereferentin in Schwäbisch Hall

Laura.Suender@drs.de