Nichts muss mehr bleiben wie es war
Juni 6, 2020

Nichts muss mehr bleiben wie es war

Nichts ist mehr wie es war.

Nichts ist mehr wie es war. Die Menschen sind verunsichert, gehen auf Abstand. Der Urlaub ist eingeschränkt. Wohin man im Sommer fahren kann, ist unklar. Kinder müssen zuhause betreut werden. Besuche im Altenheim und Krankenhaus sind eingeschränkt möglich. Das Siedersfest musste abgesagt werden, Volksfeste finden nicht statt und die Freilichttheater haben ein Rumpfprogramm. Die Welt hat sich verändert. Ein Virus ist wohl vom Tier auf den Menschen übergesprungen, mit verheerenden Auswirkungen. Die Folgen der Pandemie sind nicht absehbar. Betroffen sind die Menschen weltweit, sei es durch gesundheitliche, soziale oder zwischenmenschliche Einschränkungen. Wir müssen das Leben neu ordnen und gestalten. Was wir gewohnt waren, ist nicht mehr da. Und wir sehnen uns nach Normalität.

Wenn nichts mehr ist wie es war, entsteht Angst. Alte Sicherheiten bieten keinen Schutz. Man spürt Ohnmacht und Hilflosigkeit. Schnell entstehen Deutungen im Schwarz-weiß-Muster. Und schnell sind Schuldige gefunden und an den Pranger gestellt. Hat das Leben überhaupt noch einen Sinn, ist irgendwo Hoffnung, eine Zukunft in Sicht?

Wir Christen feiern das Pfingstfest. Genau 50 Tage nach Ostern ist es der Abschluss der Osterzeit. Wie Ostern hat auch Pfingsten eine jüdische Wurzel. 50 Tage nach dem Passah feiern die Juden ein Dankfest für die Weizenernte. Die Menschen pilgerten nach Jerusalem, feierten und dankten Gott im Tempel. Die Stadt war voll mit Menschen aller Herren Ländern.

Auf einmal war nichts mehr wie es war, so erzählt es zumindest die Apostelgeschichte. Die Menschen erlebten ein Brausen, einen heftigen Sturm, der alles durcheinanderwirbelte. Ganz gleich, ob das eine normale Wettererscheinung war oder nicht. Manche deuteten das Ereignis als die Kraft Gottes. Nicht nur Blätter und Staub wehten durch die Luft, sondern auch neue Gedanken. Manche Menschen waren richtig angesteckt durch diese Dynamik. Es waren die Frauen und Männer, die mit Jesus unterwegs waren. Sie waren auf einmal wie gelöst und konnten frei reden. Menschen mit ganz unterschiedlichen Muttersprachen konnten ihre Worte nicht nur hören, sondern verstehen. Da gab es auf einmal keine Grenzen und Schranken mehr. Alle spürten, dass sie zusammengehörten, dass es da eine gemeinsame Wurzel gab, trotz aller Unterschiede.

Corona und Pfingsten: Nichts ist mehr wie es war, aber es muss auch nichts mehr bleiben wie es war. Die alte Erzählung sagt mir, dass es da eine Kraft gibt, die uns ermutigt, die uns antreibt, die uns über uns hinauswachsen lässt. Gottes Dynamik, sein Geist weht unter den Menschen. Es ist eine Einladung, dass nicht die Angst überhandnehmen muss, sondern die Hoffnung siegen kann; dass nicht der Egoismus regieren muss, sondern das solidarische Miteinander wachsen kann.

Für die einen war es das Wetter, für die anderen war Gott am Werk. Nichts muss mehr bleiben wie es war. Die Zukunft ist offen. Gottes Kraft ist mitten unter den Menschen.

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Wolfram Rösch

Pastoralreferent in Schwäbisch Hall

Mein Schwerpunkt ist St. Markus. Mir ist es wichtig, Formen zu finden, den Glauben zeitgemäß zu verkünden. Das versuche ich im Gottesdienst, in der Predigt, in den Bildungsangeboten und beim Schreiben von Artikeln. Ich möchte die Menschen anregen, Gott in ihrem Leben zu entdecken. Ein wichtiger Punkt in meiner Arbeit ist die Feuerwehr- und Notfallseelsorge, wo ich auch als aktiver Feuerwehrmann Menschen in absoluten Grenzsituationen beistehen kann. Ich bin verheiratet, meine Frau ist ebenfalls Pastoralreferentin. Wir haben drei erwachsene Söhne.

Wolfram.Roesch@drs.de