Traum vom neuen Miteinander
Dezember 2, 2022

Traum vom neuen Miteinander

Haben Sie auch einen Adventskranz? Morgen werden wir schon die zweite Kerze anzünden. Als die Kinder klein waren, haben wir beim Anzünden immer ein Lied gesungen: „Wir sagen euch an den lieben Advent“. Das musste unbedingt sein. In der Strophe, die morgen dran ist, heißt es: „So nehmet euch eins um das andere an, wie auch der Herr an uns getan.“

Das konnten wir uns gut merken, denn das passte zu den zwei Kerzen, fanden wir. Uns war klar: Da geht es darum, wie wir miteinander umgehen.

Die Kerzen auf dem Adventskranz haben es leicht mit dem Miteinander. Das ist bei uns Menschen nicht immer so, ob in der Familie, in der Schule und bei der Arbeit, oder in unserer Gesellschaft insgesamt. Vieles klappt da gut, aber manchmal kracht es auch ziemlich. Der eine hält dieses für wichtig, die andere möchte jenes auf keinen Fall;  eine möchte, dass am besten alles wieder wird, wie es einmal gewesen ist, ein anderer schwört darauf, alles neu zu machen; und dann gibt es noch die, die alles, was ihr begegnet, in Frage stellt. Gemeinsam scheint allen eines: Sie sind sicher, dass sie recht haben…

Manchmal sieht es so aus, als wären wir einfach zu unterschiedlich, um friedlich miteinander leben zu können. Dabei bin ich sicher, dass die meisten von uns sich danach sehnen, gut und in Frieden in dieser Welt zu leben.

Dass diese Sehnsucht Menschen schon immer bewegt, das zeigt die Vision, die der Prophet Jesaja vor über zweitausend Jahren aufgeschrieben hat. Da heißt es, dass der Wolf beim Lamm Schutz findet, dass Kalb und Löwe gemeinsam weiden, Kuh und Bärin sich zusammen nähren und der Säugling vor dem Schlupfloch der Natter spielt. Verrückt! Und nicht sehr realistisch. Aber dieses Bild vom Tierfrieden soll auch nicht einfach eine fantastische Tiergeschichte sein. Es ist Gottes Hoffnungsbild für uns Menschen, das unsere Sehnsucht widerspiegelt angesichts der Realität, die wir erleben. Es erzählt vom Traum, dass ein Miteinander anders werden, sich zum Guten hin ändern kann, ohne dass Unterschiede unter den Teppich gekehrt werden.

Vielleicht könnten wir in diesem Advent ja damit beginnen, unsere Unterschiedlichkeit als Reichtum zu begreifen. Wir könnten uns vorstellen, dass wir alle miteinander das Lied vom guten Leben und vom Frieden singen, nur eben mit ganz unterschiedlichen Stimmen in ganz verschiedenen Klangfarben. Ein bisschen müsste man dann aufeinander hören, wie das beim Singen nun mal ist. Und manches wird vielleicht auch etwas schief klingen. Aber es käme auf den Versuch an.

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Gabriele Hüben-Rösch

Pastoralreferentin, Kath. Klinikseelsorgerin im diakoneo Schwäbisch Hall

 

Gabriele.Hueben-Roesch@drs.de