Der Weiße Sonntag – eine urchristliche Perspektive
April 14, 2023

Der Weiße Sonntag – eine urchristliche Perspektive

Der Weiße Sonntag wird landläufig als eine sehr katholische Angelegenheit wahrgenommen, doch er hat Seiten, die weit über die Konfessionsgrenzen hinausgehen.

Typischerweise wird der Weiße Sonntag als katholischer Feiertag gesehen. Die Tradition der letzten Jahrzehnte beinhaltete ein Gottesdienst für die Kinder und ihre Familien – die Erstkommunion der Kinder und im Anschluss daran für viele große Familienfeste, Geschenke. Mädchen kamen in Brautkleidern, Jungen in Anzügen – und geschäftstüchtig, wie unsere Wirtschaft ist, ist das ein teils kostspieliger und riesiger Markt geworden.

Tatsächlich ist diese Form der Volks-Tradition aber erst im 19. Jahrhundert entstanden … und seit dem Konzil in den 6oer Jahren legen viele Gemeinden wieder den Fokus mehr auf die ursprünglichere Idee des Weißen Sonntags, die schon entstand, lange bevor wir uns in Konfessionen trennten.

In der frühen Christenheit, also etwa ab dem 4. Jahrhundert, bauten die Christen Taufkapellen, sogenannte Baptisterien, in denen die (in der Regel) Erwachsenen in der Osternacht getauft wurden. Zum Ritus der Taufe gehörte, dass die Neugetauften eine Weißes Gewand bekamen. Es war das Zeichen, dass sie „den alten Menschen abgelegt und Christus angelegt haben“, was in etwa heißt: „ganz rein geworden“ oder „von Null anfangen können“ oder „als Christ:in liegt die Welt und das Leben völlig offen und frei vor dir“.

Mit der Taufe empfingen diese Neue Christ:innen auch die Kommunion und die Firmung – also die Mahlgemeinschaft in der Gemeinde und die Zusage des Heiligen Geistes.

Und das Zeichen des Neuanfangs, das weiße Gewand trugen sie dann während einer Woche jeden Tag im Gottesdienst, der stattfand, um sie mit der Botschaft der Evangelien und der Liturgie der Gemeinde vertraut zu machen. Schließlich, nach acht Tagen legten Sie am „Tag des weißen Gewandes“ – am „Weißen Sonntag“ das Taufkleid wieder ab.
Nun begann der Alltag.

Heute taufen wir selten in der Osternacht, Täuflinge sind meist Kinder und die Erstkommunion und die Firmung – evangelischerseits die Konfirmation – wurden zeitlich in die Kindheit und das Jugendalter gelegt, so dass wir sie als Stufen auf dem Weg ins Leben begreifen können.

Daher ist nicht die Erstkommunion der Namensgeber des Sonntags nach Ostern, sondern die Erinnerung an die Taufe und der Übergang vom Festtag zum Alltag.

Keine Frage, dass das mit einem großen Fest in der Familie, mit Verwandtschaft, Geschenken und festlicher Kleidung begangen werden kann. Und vielleicht erleben die Kinder und Jugendlichen tief in ihrem Herzen die Einladung, den Glaube und die Beziehung zu Jesus zu vertiefen und verankern.

 

Foto: Kreuzförmiges Taufbecken einer Basilika in Schivta, Negev, Israel. Bildnachweis: By Acer11 – Own work, CC BY-SA 3.0,

 

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Utta Hahn

Dekanatsreferentin

Studium der Religionspädagogik und Pädagogik in Freiburg und Reutlingen.

Einfach leben – egal wo die Betonung liegt – das ist Wunsch und Ziel, damit wir weltweit und hier, in Zukunft und jetzt ein Gutes Miteinander finden in Gesellschaft und auch in unserer Kirche. Lebenszeit ist Arbeit, Familie, im Garten werkeln, im Wald dem Wind und den Vögeln lauschen, wandern, Musik machen und lesen.

Utta.Hahn@drs.de