Der 1. Mai ist kein kirchlicher Feiertag. Aber es ist in der katholischen Kirche der Gedenktag von Josef, dem Arbeiter.
Können Sie sich noch an Ihren ersten Arbeitstag erinnern? Ich erinnere mich am eindrücklichsten an das Gefühl, das ich an diesem Tag hatte: eine große Portion Vorfreude und ein klein wenig Unsicherheit. Damals war ich voller Tatendrang und froh, endlich auch finanziell auf eigenen Beinen zu stehen. Meistens denke ich, dass ich mit meinem Beruf eine gute Wahl getroffen haben. Wenn wir also morgen am 1. Mai den Tag der Arbeit feiern, bin ich vor allem dankbar. Ich bin dankbar, dass ich eine Arbeit habe und dass ich dieser trotz der aktuellen Situation nachkommen darf. Eigentlich ist der 1. Mai aber von seiner Geschichte her kein Tag der Dankbarkeit, sondern ein Tag um für gerechte und faire Arbeit zu kämpfen. Leider ist es auch heute noch nicht selbstverständlich, dass der Verdienst der Arbeit zum Leben reicht, dass Männer und Frauen gleich gut bezahlt oder wirklich wichtige Dienste auch finanziell sichtbar wertgeschätzt werden.
Schon zum zweiten Mal begehen wir diesen Maifeiertag auch in dem Bewusstsein, dass viele gerade nicht arbeiten dürfen. Andere hingegen kommen aufgrund einer deutlichen Mehrbelastung an die eigenen Grenzen. Der 1. Mai ist kein kirchlicher Feiertag. Aber es ist in der katholischen Kirche der Gedenktag von Josef, dem Arbeiter. Von Josef wissen wir nicht viel. Eigentlich wird er oft belächelt als der Mann im Schatten seiner Frau Maria. In meiner Vorstellung ist er ein fleißiger Mann, der schaut, dass er und seine Familie durch seine Arbeit gut über die Runden kommen. Daher passt er für mich gut zu diesem Tag und auch besonders zu einem 1. Mai in der Pandemie. Josef steht für jemanden ohne Lobby. Josef könnte damals wie heute Zimmermann sein, aber genauso gut Pflegekraft. Er könnte im Einzelhandel arbeiten oder aber einen kleinen Geschenkeladen in Nazareth führen. In der Bibel wird er kaum erwähnt und war doch wichtig für den Zusammenhalt seiner kleinen Familie. Vielleicht merken auch wir als Gesellschaft wieder deutlicher, wie wichtig Arbeit für uns Menschen ist. Ganz egal, ob wir den Beruf aufgrund von Sicherheit oder Sinnhaftigkeit wählen, unser Zusammenleben funktioniert nur durch die Vielfalt der verschiedenen Begabungen.
Mit Blick auf den morgigen Feiertag wünsche ich uns, dass auch die berufstätigen Menschen ohne Lobby wieder positiv in die Zukunft sehen können: die einen, weil sie endlich wieder einen ersten Arbeitstag erleben dürfen und die anderen, weil ihre wichtige Arbeit nicht als selbstverständlich abgetan wird.