Mit dem Aschermittwoch beginnt die 40tägige Fastenzeit. Aber ist das in Zeiten von Corona überhaupt noch aktuell, sollten wir nicht lieber gnädig mit uns sein?
In anderen Jahren steht das Leben von Altweiber bis Karnevalsdienstag Kopf. Ausgelassene Partys, Karnevalssitzungen, bunte Straßenumzüge. Wer möchte, kostümiert sich und schlüpft in eine andere Rolle. Doch auf all die närrischen Ereignisse mussten wir in diesem Jahr verzichten. Fasching ist ausgefallen. Und trotzdem steht das Leben Kopf. Vor fast einem Jahr startete der erste Lockdown. Auch wenn im Sommer eine gewisse Erleichterung spürbar war, brachte der zweite Lockdown im Dezember die Einschränkungen zurück.
„Am Aschermittwoch ist alles vorbei“ – so heißt ein bekanntes Faschingslied. Das war auch die Hoffnung vieler Menschen in diesem Jahr. Doch bis wieder Normalität einkehrt, wird es wohl noch eine Weile dauern. Und jetzt steht auch noch die Fastenzeit an, denkt sich so mancher. Fastenzeit ohne Fasching, geht das überhaupt? Mit dem Aschermittwoch beginnt die 40-tägige Fastenzeit. Sie ist die Vorbereitung auf das höchste Fest des christlichen Kirchenjahres: auf Ostern. Im 13. Jahrhundert kamen erstmals die ausgelassenen Tage auf, um es vor der „ernsten Zeit“ noch richtig „krachen“ zu lassen. Fasching ist ein altbayerisches Wort: „letzter Ausschank von Bier und Wein“, dann war bis Ostern das Wirtshaus zu. „Fasnet“ im Schwäbischen – die Nacht vor dem großen Fasten – wird durchgefeiert. „Karneval“ im Rheingebiet heißt „Fleisch lebewohl.“
Die Fastenzeit ist traditionell eine Zeit des Verzichts, der Besinnung auf das Wesentliche, der kritischen Auseinandersetzung mit sich selbst – als hätten wir davon nicht genug. Seit Monaten keine Restaurantbesuche, kein Kino, keine Konzerte, kein Vereinsleben, kaum noch Treffen mit Freunden. Das Leben findet fast ausschließlich in den eigenen vier Wänden statt. Je weniger Möglichkeiten zum Ablenken, desto deutlicher kommen unsere Schwächen, unsere Ängste, unsere Ungeduld und Reizbarkeit zum Vorschein.
Eigentlich Fasten wir in diesen Coronazeiten jetzt schon ein Jahr lang. Und dann sollen wir ab Aschermittwoch noch mehr Fasten?!
Ich glaube, wir sollten in dieser Fastenzeit gnädig mit uns sein. Und vielleicht mal den Spieß umdrehen. Statt Fasten einfach mal genießen, was von unserem üblichen Leben im Lockdown übriggeblieben ist: Die Ruhe auf den Straßen, die viele Zeit ohne Einkaufen, ein Spaziergang zu zweit. „Wer nicht genießt, ist ungenießbar“, sagte vor Jahren Konstantin Wecker. Der Mann hat ja so Recht. Der liebe Gott wird schon ein Auge zudrücken. Hauptsache wir halten jetzt noch durch, dann kommt die Auferstehung an Ostern von ganz allein.
Pastoralassistentin
Kath. Kirchengemeinde St. Markus
Schwäbisch Hall