Stuttgarter Konzilsversammlung beschließt Postsynodalen Aufruf
Die mehr als 150 Teilnehmenden aus den Kirchengemeinden der Diözese Rottenburg-Stuttgart und anderen Diözesen haben bei der 2. Stuttgarter Konzilsversammlung am 16. November 2024 einstimmig (ohne Gegenstimmen und Enthaltungen) den Postsynodalen Aufruf des Kirchenvolks beschlossen.
Das Abschlussdokument der Weltsynode 2021-2024 in Rom verlangt eine stärkere Einbeziehung von Laien und eine Erweiterung der Befugnisse für die Ortskirchen, allerdings unter Beibehaltung der starken Stellung und insbesondere Alleinentscheidungsbefugnis der Bischöfe. Wichtige konkrete Themen wie beispielsweise die Segnung homosexueller oder wiederverheirateter Paare, die Abschaffung des Pflichtzölibats und den Zugang zu allen Weiheämtern unabhängig von Geschlecht, sexueller Orientierung und Lebensform wurden auf der Weltsynode nicht behandelt. Die Frage, ob Frauen zu Diakoninnen geweiht werden können, wurde zumindest offengelassen, was sehr viele enttäuscht.
Die Teilnehmenden der 2. Konzilsversammlung waren sich einig: Diese Themen dürfen nicht auf die lange Bank geschoben werden. Wenn sie auf weltkirchlicher Ebene nicht behandelt wurden, müssen sie in den Diözesen und Kirchengemeinden angegangen werden. Für die Veranstalter wies Dr. Martin Schockenhoff darauf hin, dass nach Aussage des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Dr. Georg Bätzing, 95 Prozent der deutschen Katholiken Reformen erwarteten. Deshalb dürften Reformen nicht an den restlichen 5 Prozent und dem Widerstand weniger reformunwilliger Bischöfe scheitern.
Der Münsteraner Kirchenrechtler Prof. Dr. Thomas Schüller, der Limburger Domkapitular und Frankfurter Dompfarrer Dr. Johannes zu Eltz und die Geistliche Beirätin des Katholischen Deutschen Frauenbundes in der Diözese, Frau Claudia Schmidt, haben auf der Versammlung die Handlungsoptionen für Ortskirchen, Diözesen und Kirchengemeinden analysiert. Moderiert wurde die sehr engagierte Diskussion von Frau Dr. Verena Wodtke-Werner, Leiterin der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart.
Herr Dr. zu Eltz wies darauf hin, dass die Reformbewegungen ins Gespräch mit allen Bischöfen kommen müssen, auch mit solchen, die Reformen bislang zurückhaltend gegenüber stünden. Und die deutschen Bischöfe, wenn sie in Rom Gehör finden wollten, müssten sich mit anderen europäischen Bischöfen zusammentun. Isolierte Vorschläge aus Deutschland würden in Rom wenig Gehör finden.
Frau Claudia Schmidt schilderte mit deutlichen Worten die Enttäuschung der Frauen über den Ausgang der Weltsynode und die Haltung auch des Papstes zur Rolle der Frau, die er zuletzt in Interviews in den USA und in Belgien zum Ausdruck gebracht hatte. Viele Frauen würden sich abwenden. Dies sei ein schmerzlicher Prozess, denn er sei mit dem Verlust der spirituellen Heimat verbunden. Deshalb müsse man trotz allem um Reformen kämpfen, aber nicht um der Reformen Willen, sondern deshalb, weil es ohne Reformen keine lebbare Glaubensgemeinschaft innerhalb der Kirche mehr geben könne.
Herr Prof. Dr. Schüller erläuterte, dass wichtige Reformthemen nicht ohne Änderung des geltenden Kirchenrechts möglich seien. Die Aussichten hierfür seien, gerade unter der aktuellen weltkirchlichen Konstellation, nicht günstig. Allerdings gebe es Themen wie beispielsweise das Diakonat der Frau, die möglicherweise auch ortskirchlich umgesetzt werden könnten.
In der sehr lebhaften Diskussion haben die Teilnehmenden ihr Unverständnis, ihre Frustration und teilweise auch ihre Empörung über Verlauf und Ausgang der Weltsynode zum Ausdruck gebracht, andererseits aber auch ihre Entschlossenheit, trotz allem weiterzumachen. Der Postsynodale Aufruf des Kirchenvolks wurde einstimmig verabschiedet. Er richtet sich an die Bischöfe, Priester und alle Gläubigen, die sich weiterhin engagieren wollen. Die Initiatoren – die Initiative pro concilio e.V./Konzil von unten, die AGR Arbeitsgemeinschaft Rottenburg und Wir sind Kirche – sind entschlossen, die Reformagenda weiterzuverfolgen. Sie werden die Bischöfe und synodalen Gremien auf allen Ebenen unterstützen, von ihnen aber auch mutige Entscheidungen und die entschlossene Nutzung der bereits bestehenden Handlungsmöglichkeiten verlangen.
Den postsynodalen Aufruf lesen Sie HIER